Mit den gleichen Modellen die vor der Krise so jämmerlich versagten prophezeien uns die "Wirtschaftsweisen" neue Höhenflüge der Konjunktur. Ein Umdenken hat weder in den Instituten noch der Politik stattgefunden. Die Krise kam und ging, aber trotz der Lippenbekenntnisse der Politiker kam es zu keinen nennenswerten Regulierungen. Kritische Stimmen werden zwar immer lauter kommen aber gegen den Chor der Neoklassiker und Deregulierer nicht an. Dieser Chor wird vor allem bestimmt durch die größte Vereinigung von Ökonomen Weltweit, der AEA.
Die AEA (American Economics Association), mit ihren 22 000 nicht nur US-Amerikanischen Mitgliedern, bestimmt Global den wissenschaftlichen Mainstream. Die AEA gibt 7 Journale heraus die Global die wichtigsten wissenschaftlichen Veröffentlichungen in der Ökonomie darstellen.
Eine gegenteilige Meinung zu diesem wissenschaftlichen Mainstream zu veröffentlichen ist in anderen wissenschaftlichen Zeitschriften und in den restlichen Medien nicht möglich, oder zumindest sehr schwierig (so höre ich).
Natürlich sind die großen Ivy league Universitäten diejenigen die in diesen Journalen die entscheidenden Veröffentlichungen platzieren.
Unter ihnen die bekanntesten verfechter totaler Deregulierung wie Lawrence Summers (Präsident der Harvard University seit 2001) oder Glenn Hubbard (Director der Columbia University Graduate School of Business). Summers und Hubbard waren als wissenschaftliche Berater die Hauptverantwortlichen für den Deregulierungskurs der Bush Regierung. Summers war bis 2011 auch wichtigster wissenschaftlicher Berater der Obama Regierung.
Sowohl Summers als auch Hubbard wurden für ihr Eintreten für diesen Deregulierungskurs von den großen Investmentbanken reich belohnt.
Während es in allen anderen Wissenschaftsbereichen erforderlich ist die Quellen der Forschungsgelder zu benennen und etwaige Interessenskonflikte aufzuzeigen, kann in der US Amerikanischen Ökonomie jegliche Veröffentlichung reich entlohnt werden ohne, dass dies auf der Veröffentlichung erwähnt werden muss. Hubbard und Summers sind beide inzwischen Multimillionäre.
Natürlich sind Hubbard und Summers besonders prominente Vertreter der gekauften Ökonomie, aber sicherlich keine Ausnahme. Diese beiden Beispiele zeigen auch, wie gut die Drehtüren zwischen Wirtschaft, Politik und Wissenschaft inzwischen in den USA funktionieren. Wissenschaftler wechseln in die Finanzindustrie oder die Politik und andersherum.
Die Lobbygruppen der Finanzindustrie tun ihr übriges dazu um die Parlamente und öffentlichen Ämter in ihrem Sinne zu besetzen. Die Durchdringung ist inzwischen absolut. Ich denke, keiner kann mehr sagen wo in den USA die Wirtschaft anfängt und die Politik aufhört und die Wissenschaft ist dabei mitten drin.
Die Handlungsunfähigkeit Obamas bei der Regulierung der Finanzmärkte ist total. Ich gehe davon aus, dass er persönlich die versprochenen Regulierungen durchsetzen wollte, aber angesichts des Widerstandes der Abgeordneten/Senatoren beider Parteien und beider Häuser, die längst tief in der Tasche der Finanzindustrie sind, nicht durchsetzen konnte.
Viele dieser Erkenntnisse verdanke ich der großartigen Dokumentation "Inside Job". Auf der DVD sind neben dem eigentlichen Film auch zahlreiche weitere Interviews zu finden.
Unter anderem Ausschnitte aus einem Interview mit Dominic Strauss Kahn. Auf die Frage ob DSK der Aussage zustimmen würde, dass das Weisse Haus fest in der Hand der Finanzindustrie ist, ist seine Antwort :"Ja, im weitesten Sinne".Gerade angesichts der jüngsten Ereignisse um die Person DSK halte ich dies für eine sehr bemerkenswerte Äusserung.
Dies sind also die Zustände in den USA. Wissenschaft, Politik und Medien sind fest in der Hand der großen fünf Investmentbanken und werden es bleiben.
Wie sieht es in Europa und dem rest der Welt aus?
Europäische Wissenschaftler sind nicht ganz so frei darin sich für ihre Veröffentlchungen von den Investmentbanken bezahlen zu lassen. Da aber die AEA bestimmt wer wann was Veröffentlicht, bestimmt der amerikanische Mainstream auch über den Werdegang europäischer Ökonomen. Unsere Politik wird von einer ausgewählten Schar von Ökonomen beraten die innerhalb dieser Konstellation Karriere machen konnten.
Die größe des Einflußes der Investmentbanken und (ihrer) politischen Berater auf die europäischen Politiker wird uns in der (nicht)bewältigung der Euro Krise(?) wieder deutlich vor Augen geführt. Auch in Deutschland ist die Regierung gegenüber der Deutschen Bank vollkommen handlungsunfähig. Herr Ackermann bestimmt über die Politik, nicht umgekehrt.
Inzwischen regt sich Unmut über diese Konstellation unter den Ökonomen die gerne Wissenschaft betreiben würden. Diese Ökonomen gibt es durchaus zu genüge auf der Welt, aber sie haben bisher keine Stimme. Aus diesem Grund gründeten Ökonomen aus der ganzen Welt die WEA (World Economics Association). Diese scheint großen Zulauf zu haben und bemüht sich um Unabhängigkeit.
Wie auch immer diese Entwicklung weitergeht, folgende Überzeugungen habe ich aus der Beschäftigung mit der Politik der Wirtschaftswissenschaften mitgenommen:
- Den wissenschaftlichen Institutionen der Ökonomie ist nicht zu trauen.
- Keiner Veröffentlichung in der (Mainstream) Ökonomie ist daher zu Trauen
- Ökonomie ist daher keine Wissenschaft
- Ökonomie ist Politik.
- Ökonomie ist gekauft vom Kapital (Investmentbanken, Fonds etc.).
- Politik ist daher gekauft vom Kapital.
- Ökonomie soll in den Augen des Kapitals einzig die Legitimation der skrupellosen Bereicherung liefern.
- Wirtschaftspolitik richtet sich daher immer gegen das Gemeinwohl.
“The Guys From ‘Government Sachs’ ”
"Geithner’s priorities were all too obvious from his days in the Clinton administration’s Treasury Department when he worked first under former Goldman honcho Robert Rubin and then Lawrence Summers, who took six-figure speaking fees from Goldman and other banks while he was an adviser to candidate Obama. It was the recommendation of Rubin and Summers that landed Geithner the job as president of the New York Fed, where he faithfully followed the policy lead of Goldman-CEO-turned-Treasury-Secretary Henry Paulson."
Auch Timothy Geithners Karriere wechselt munter zwischen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft hin und her, genau wie die von Henry (Hank) Poulson (US-Finanzminister/früher CEO von Goldmann Sachs), genau wie Robert Rubin...
Siehe hierzu auch diesen Bericht von Lobby Control.
Guter Artikel dazu bei "Real World Economics".