Freitag, 18. März 2011

Fukushima ist Überall

Ich will hier nicht wiederholen was überall geschrieben wird. Ich bin sicher nicht in der Lage hier Worte für die Menschen in Japan und dieses Unglück finden zu können.

Ich muss hier jedoch auf Fukushima und seine Ursachen eingehen, denn diese haben durchaus etwas mit dem Thema dieses Blogs zu tun.

Fukushima, die vorhergesagte Katastrophe

Fukushima ist im Gegensatz zu Frau Merkels Beteuerungen keine “unmögliche” oder “undenkbare” sondern eine angekündigte Katastrophe. Jeder der sich nur halbwegs mit den naturwissenschaftlichen Grundlagen der Kernenergie auseinandersetzt muss zu dem Schluß kommen, dass die Risiken der Kernkraft für eine Gesellschaft nicht akzeptabel sind.

Auch in Japan gab es diejenigen die dies immer wieder betont haben und dem Betreiber TEPCO Vetuschung und Lügen nachgewiesen haben:
"One wonders what it will take for the government and the nuclear power companies to learn their lesson. It seems that nothing less than a full-scale nuclear-earthquake disaster will suffice."
(Philip White, CNIC Japan 2009, nach der vertuschten beinahe Katastrophe von Hamaoka in Folge eines Erdbebens!)

In Japan wie in Deutschland wurde also über 50 Jahre die Überlebensfähigkeit der Gesellschaft für den Profit einzelner aufs Spiel gesetzt.

Ich gehe davon aus, dass auch unsere Kanzlerin als Physikerin und ehemalige Umweltministerin sich dessen voll bewusst war. Dennoch beschloss die von ihr geführte Regierung die Laufzeitverlängerung um der Industrie Milliardengewinne zu ermöglichen.

Profite oder Sicherheit?

Das Diktat des Profits und der Akkumulation der Vermögen sowie die selbst zerstörerischen Maßstäbe des Wachstums finden ihren Ausdruck nicht nur im (super?) GAU von Fukushima. Das gewaltige Zerstörungspotential der Kernkraft führt uns nur in besonderem Maße vor Augen wohin dies uns führen wird.

Die Erzeugung von Energie, Nahrung und Gebrauchsgütern unterwirft sich in den Industriegesellschaften dieser Welt in allen Aspekten diesem Diktat. Bei der Bestimmung der Akzeptierbarkeit von Gefahren ist der alleinige Gradmesser der erreichbare Profit.

Profit lässt sich aber nur mit der Akzeptanz der Bevölkerung erzielen. Die Politik ist käuflich und ebenfalls Abhängig von der öffentlichen Meinung. Hat man die Öffentlichkeit auf seiner Seite gehört einem auch die Politik. Nie war das so deutlich wie jetzt da sich die öffentliche Meinung so schnell gewandelt hat.

Die Verbreitung der Atomlüge

Wie aber kann man eine Bevölkerung dazu bringen Dinge für gut zu halten die eigentlich dem Gemeinwohl schädlich sind, ja sogar das Überleben der gesamten Bevölkerung für die Profite einzelner aufs Spiel setzen?

Das Beispiel der Kernkraft und ihre Akzeptanz in verschiedenen Ländern ist bei der Beantwortung dieser Frage sehr Aufschlußreich. Man reagiert in den Atomstaaten der Welt mit befremden auf die Reaktion der Deutschen auf Fukushima. Der Atomausstieg Deutschlands gefährdet in hohem Maße den großen Erfolg jahrelanger Bemühungen anderer Nationen die Bevölkerung zu belügen und zu betrügen.

In Frankreich, dem kernkraftabhängigsten Land der Welt, läuft die Desinformation auf vollen Touren. Das Wissen ist in Frankreich durch die Falschinformation so verwässert dass die Wahrheit kaum eine Chance hat. Man nutzt alle Mittel der Propaganda. Das Thema Kernkraft ist in Frankreich mit Nationalstolz und Technikbegeisterung besetzt. Das Argument “Unsere Kraftwerke sind die besten der Welt” zieht dort noch.

In den USA ist es gelungen ein Maß der allgemeinen Unwissenheit zu erreichen das in der industriellen Welt unerreicht ist, aber dort wird ebenfalls die PR-Maschine anrollen. Die hat es aber durch die mangelnde Bildung recht leicht.

In Russland, quasi dem Mutterland der Reaktorkatastrophe, wird die Kernkraftgläubigkeit von oben verordnet und mit Gewalt durchgesetzt.

Es gibt also offensichtlich verschiedene Möglichkeiten eine Gesellschaftlich Akzeptanz zu erreichen.

Die erste und wichtigste ist die Kontrolle über “gefährliches” Wissen. Die hysterischen Reaktionen auf Wikileaks und die politische Verfolgung von Julian Assange Weltweit, zeigen wie groß die Angst vor dem Wissen ist, vor allem in den USA.

Falls sich durch Unwissenheit allein keine Akzeptanz erreichen lässt wird versucht Desinformationen zu verbreiten. Falsches Wissen, Ideologie und Halbwissen haben eine weit größere Verbreitung als das Wissen und die Wahrheit. Ihr Mittel ist die PR, früher nannte man das Propaganda.

Natürlich ist auch die Verfolgung und die gewaltsame Unterdrückung von Wissenden und Information wie in Russland ein (zeitweise) Erfolgreicher Weg, die PR sichert aber wesentlich langfristigere Stabilität und damit höhere Profite.

Auch in Deutschland gelang es der Atomindustrie über jahrzehnte die Illusion von Beherrschbarkeit und Sicherheit aufrecht zu erhalten. Die ist eine gewaltige Leistung der PR aber seit dem 11. März 2011 bricht das Lügengebäude zusammen. Deutschland hat sich scheinbar aus der Unwissenheit befreit. Die Lobbyisten sind hoch alarmiert. Ich bin gespannt wie sie reagieren.

Fukushima ist überall

Lügen und Vertuschung gibt und gab es aber nicht nur in der Kernenergie. In letzter Zeit regt sich der Widerstand gegen die Nahrungsmittelindustrie. Auch bei den Inhaltsstoffen unserer Nahrungsmittel und ihrem Anbau wird das Interesse der Allgemeiheit den Interessen des Profits untergeordnet.

Sowohl der Filmtipp “gekaufte Wahrheit” oder der neue Film von Marie-Monique Robin “Unser Täglich Gift” zeigen wie das funktioniert. Frei nach Paracelsus gilt das Motto: “Allein der Profit macht das Gift.” Ist der Profit nur groß genug “kann” eine Substanz gar nicht so giftig sein, dass sie nicht in unsere Nahrung kommt. Die Bedrohung durch die Nahrungsmittelindustrie ist dabei nicht geringer als die durch die Kernkraft. Um die Wahrheit zu unterdrücken ist jedes Mittel recht.

Besonders perfide ist die Behauptung unsere Lebensqualität hingen von Kernkraft und Gentechnik ab. Ja unser Überleben wäre nur durch den Einsatz lebensbedrohlicher und gesundheitsgefährdender Technologien möglich.

Dabei sind natürlich Alternativen möglich. Sowohl nachhaltige Nahrungsmittelproduktion als auch nachhaltige Energieerzeugung können unseren Bedarf decken. Das war bei der Kernkraft schon lange vor Fukushima bekannt. Wissende wie Hermann Scheer haben schon immer auf diesen Wahnsinn hingewiesen und neue Wege aufgezeigt. Letztendlich haben sich die Interessen der Industrie immer durchgesetzt. Bis jetzt.

Die bittere Wahrheit ist, dass den einzelnen Akteuren kaum ein Vorwurf zu machen ist. Dies ist kein Problem des einzelnen und seines Verantwortungsbewusstseins. Wären Monsanto, Nestle, Bayer, Tepco, RWE oder Eon verantwortungsvolle Unternehmen dann wären sie nicht Erfolgreich.

Seit Göbbels und Hitler wissen wir um die Gefahr der Propaganda. Ihr Vermächtnis ist die Erkenntnis dass der Mensch unter ihrem Einfluss zu allem fähig ist. Die Mittel der Propaganda sind gewaltig, ihr Verbreitungsgrad ist unerreicht. Ihre vielen Erscheinungsformen nicht mehr zu Übersehen. Ihr Ziel ist aber heute nur eines, der Profit.

Hier ein besonders abartiges Beispiel zu welchen Mitteln die Propaganda heute greift und wo sie überall ansetzt.

Selbst nach Fukushima ist der Ausspruch von Helmut Schmidt bei Einführung des Privatfernsehens so richtig wie vor fast 30 Jahren. “Das ist gefährlicher als die Kernenergie”.

Ein Selbstzerstörerisches System


Es ist Zeit zu Begreifen, dass die Ursache der Zerstörungswut des Menschen der Profithunger dieses Systems ist und ihr Mittel die Massenbeeinflussung. Wenn wir uns weiter den Gesetzen des Wachstums (nach dem BIP) und der Bereicherung unterwerfen ist uns die nächste Katastrophe sicher.

Viele die das hier Lesen haben das wahrscheinlich schon begriffen. Ich sehe im Internet überall Anzeichen dass das “gefährliche” Wissen sich ausbreitet. Es gibt immer mehr Menschen die die richtigen Fragen stellen und auf die richtigen Antworten kommen.

Wir haben einen Punkt erreicht an dem global, bei allen Menschen, die negativen Auswirkungen dieser selbstzerstörerischen Gesellschaftsordnung angekommen sind. Selbst die Profiteure der Umverteilung spüren sie, da bin ich mir sicher. Wir müssen eine gesellschaftliche Wende vollziehen um zu Überleben. Wie viele Fukushimas brauchen wir noch um das zu begreifen?

Ziel meines Blogs ist es im Laufe der Zeit eine neue Utopie zu entwerfen. Ich kann mir durchaus eine nachhaltige und aufgeklärte Gesellschaft in Deutschland vorstellen. Ich bin mir allerdings sicher, dass dieser Kapitalismus nicht zukunftsfähig ist. Ich werde dabei Versuchen Wissenschaftlich und Ideologiefrei zu bleiben. Ich hoffe es gelingt.

Link: Daniel Tanuro zu Fukushima

9 Kommentare:

  1. In Deutschland sind demnächst mehrere Landtagswahlen, das Thema Kernkraft spielt jetzt eine sehr große Rolle. z.B. hat der Mappus in BW sehr schlechte Karten mit seiner AKW-Politik. Es wird aber knapp werden ...

    Spannend wird es auf jeden Fall in 3 Monaten auf Bundesebene, wenn die vorübergehende Abschaltung von 7 AKWs in D. beendet ist - was nun?

    Zurück zur Laufzeitverlängerung (sofern in Japan die Gefahr gebannt ist)? Das würden die Bürger hoffentlich als Fehler sehen und als das erkennen, was im Beitrag ausführlich beschrieben wurde ...

    Reine Profitgier!

    S.N.

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  2. Es kommt darauf an ob die Lobby sich wieder durchsetzt oder nicht. Im Moment sieht es nicht danach aus.

    Zwar war auch vor Fukushima eine große Mehrheit im allgemeinen gegen die Kernenergie, es bestimmte aber nicht das Wahlverhalten.

    Für die Atomlobby ist es vollkommen ausreichend wenn ihrer PR gelingt die Kernkraft als das "geringere übel" mit einem "akzeptablen Restrisiko" darzustellen. Das war die Strategie in Deutschland bisher.

    Kernkraft sei zwar gefährlich aber notwendig. Gefährlich ist ja auch die Fahrt auf der Autobahn.

    Nach Fukushima ist den Menschen klar, dass ein GAU eine Industriegesellschaft treffen kann und die Berichterstattung hat erreicht, dass die Menschen die Auswirkungen eines super GAUs jetzt verstehen.

    Das Wissen darum, dass ein AKW potentiell unsere Gesellschaft zerstören könnte ist bei den Menschen angekommen. Ich wüsste nicht, was die PR jetzt noch tun soll um den Geist wieder in die Flasche zu bekommen.

    Man wird sehen.

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  3. Zeit läßt alle Gefahren vergessen ...

    In Deutschland sehe ich tatsächlich eine große Chance, endlich die Kernkraft deutlich zu reduzieren innerhalb weniger Jahre.

    Aber was ist mit Frankreich?

    Dort läuft die PR (Regierung!) und die Franzosen sind vermutlich nicht besonders AKW kritisch, oder?

    Hmm, ich kenne eine Französin, deren Mann arbeitet(e?) in einem AKW bei Paris :-(
    Ich könnte sie mal fragen, was sie davon hält, ob sich etwas an ihrer/seiner Einstellung geändert hat ...

    S.N.

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  4. Auf die Lobbies und "die da oben" zu schimpfen bringt in meinen Augen wenig. Das einzige was hilft, ist das eigene Leben umzustellen und andere mitzureissen. Vielleicht wird ein "Strom" daraus.

    Gruss,
    Andreas

    Anregungen: SchwarmStrom, privat oder in Genossenschaften betriebene Wassergravitationskraftwerke (Zoeloeterer), alternative Energieversorger (Lichtblicke, Greenpeace), Bio Einkaufsnetzwerke, ...

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  5. Es ist etwas unfair zu behaupten dieser Bkog würde auf "die da oben" schimpfen. Tatsächlich geht es mir darum darzustellen wie unsere Gesellschaft funktioniert.

    Der Einfluß der Lobbies ist eine entscheidender Faktor in unserem täglichen Leben. Niemand in Europa kann sein Leben so umstellen, dass er einer atomaren Katastrophe entgeht.

    Was ich hier aufzeigen will ist, dass eine atomare Latastrophe die konsequente Folge der Unterordnung der Interessen unserer Gesellschaft unter die Profitinteressen einzelner ist.

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  6. Ich finde es gut und wichtig, dass Sie klar machen, dass es keineswegs nur um das gerade besonders aktuelle Thema Atomkraft geht, sondern generell um die Folgen der Oligopolisierung bzw. Machtkonzentration in allen möglichen Bereichen der Wirtschaft (Nahrungsmittel, Energie, Banken etc. )für die Menschen. Ich kann Sie deswegen nur ermutigen, eine Utopie zu erarbeiten, auf das möglichst viele die Chance bekommen, sich eine Vorstellung von besseren Alternativen zu machen!

    Das größte Hindernis, das es zu überwinden gilt, ist vermutlich jedoch nicht die massive PR, sondern die Gleichgültigkeit und das Desinteresse der Bürger oder anders formuliert die Fernsehzuschauer-Mentalität: Fütter mich, bediene mich, umschmeichle mich, halt mir alle Sorgen vom Leib.

    Es ist in diesem Punkt allerdings viel in Bewegung geraten, gerade auch in Deutschland (siehe dazu: http://stefanleichnersblog.blogspot.com/2010/11/krisenbewaltigung-die-vergessene-macht.html).

    Die Proteste gegen "Stuttgart 21" und das große Interesse an den Schlichtungsgesprächen (mit Einschaltquoten um die 2 Mio.) sind ein schöner Beleg dafür. Und natürlich ebenso das aktuelle Wahlergebnis in BW, dass zumindest zum Teil auch auf das Konto der S21-Proteste geht. Das zeigt: Man kann etwas ändern!

    Klientelpolitik wird mittlerweile von vielen Bürgern bestraft - die FDP merkt das gerade wie keine andere Partei. Diese Entwicklung muss man fördern.

    Gruß
    SLE

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  7. Hallo Herr Eichner,

    Danke für den Beitrag.

    Die Gleichgültigkeit ist meines Erachtens eine Folge des zentralen Aspektes aller modernen Propaganda.

    Die Illusion der sozialen Mobilität die in jeder Hollywood Prduktion, Werbesendung, Talkshow und daily Soap vermittelt wird ist die Ursache dieser Trägheit.

    Die gesellschaftliche Erfolglosigkeit und die Abhängigkeit von Sozialhilfe wird nicht als Folge eines gescheiterten Wirtschaftsystems begriffen, sondern ist Folge des eigenen Unvermögens.

    "Wer Arm ist, ist selber schuld." So lautet das immer wieder widerholte Mantra des vom "Kapital" kontrollierten Medienbetriebes. Dies führt (denke ich) zu weiterer Frustration und zur Erlerneten Hilflosigkeit.


    Ich finde das Günther Dück dieses Verhalten sehr gut beschreibt:
    http://www.omnisophie.com/day_03.html
    Das Lohnt sich unbedingt zu lesen.

    Zum dem Thema Armut/Gleichgültigkeit/Trägheit siehe auch http://derblickausderferne.blogspot.com/2011/02/gerechtigkeit-und-gesellschaftsordnung.html )

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  8. Vielen Dank für die Lesetipps! "Erlernte Fantasie- und Hilflosigkeit" - so habe ich es bisher noch nicht gesehen.

    Gruß
    SLE

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  9. Da ein "weiter" link aud Daily Dück fehlt hier noch der Hinweis auf DD4 und 5:

    Beigebrachte Hilflosigkeit
    http://www.omnisophie.com/day_04.html

    Fahrlässige oder vorsätzliche Seelenverletzung – Psychozid:
    http://www.omnisophie.com/day_05.html

    Zitat:
    "... Wenn man das den Menschen sagt, verlieren sie das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Sie reagieren nach allen Messungen zuerst mit der so genannten Reaktanz (Wortman und Brehm, 1975). Wer noch glaubt, die Kontrolle wiedergewinnen zu können, kämpft darum. Er wird hektisch, hyperaktiv, feindselig und aggressiv. (Fühlen Sie die Schule? Die Reaktanz?). Erst wenn im Zustand der Reaktanz die Umgebung immer noch unkontrollierbar bleibt, kommt die Hilflosigkeit über uns. Es dämmert und wird Nacht."

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