Samstag, 25. Juli 2015

Meine Einschätzung zum Flughafenverkauf in Griechenland

Wie das annehmbar kritische ARD Politmagazin Monitor am 23.7. berichtete, werden die 14 lukrativsten Flughäfen Griechenlands an die Fraport AG verscherbelt, die sich dort für mindestens 40 Jahre hohe Profite verspricht. Pikant an dieser angeblichen "Privatisierung" ist, dass die Fraport natürlich ein deutsches Staatsunternehmen ist, dass jeweils zur Hälfte der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen gehört.

Griechenland ist ein Inselstaat. Die Anbindung der Griechischen Inseln an den Flugverkehr wäre im Sinne einer wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik und regionaler Entwicklung nötig, auch wenn einzelne Flughäfen verlusste machen. Die Flughäfen jedoch, die im Sinne einer regionalen Förderung von Staat bezuschusst werden müssen. also "Verlusste" machen, interessieren Fraport natürlich nicht, die Schliessung ist möglicherweise die Konsequenz.

Ähnlich wie bei einer Bahnprivatisierung wird hier für den Profit weniger, die Anbindung ganzer Regionen an den Rest einer Nation aufs Spiel gesetzt. Wer das Pech hat auf eine Verkehrsanbindung angewiesen zu sein die bezuschusst werden musste, der wird eben  in Zukunft vom Rest der Nation abgehängt.

Das Ganze ist natürlich ein Skandal und hat mit Reformen, Solidarität oder Rettung nichts zu tun. Schäuble sichert sich die schwarze Null weiterhin auf Kosten Griechenlands.

Trotzdem würde ich dem griechischen Verkehrsminister zum Verkauf raten. Die Analysten der Fraport agieren offenbar mit vollkommen falschen Erwartungen an einen zukünftigen Flugverkehr. Wie schon in meinem Post zur 3. Startbahn in München beschrieben, wird von Fluggesellschaften und Flughafenbetreibern die drohende Energieknappheit ausgeblendet. Mit dem Fortschreiten der Krise des Kapitalismus werden die Passagierzahlen zurückgehen, da immer weniger Menschen sich eine Flugreise leisten werden können. Varoufakis, der vom Zusammenbruch des Kapitalismus ebenso überzeugt ist we ich, sollte sich über ein solches Angebot freuen und den Syriza Kollegen zum Verkauf raten.

Peak Oil ist in den Köpfen der Analysten weiterhin nicht angekommen. Es ist unmöglich, dass die Fluggastzahlen langfristig wachsen, was Fraport wahrscheinlich erwartet. Wir werden in Zukunft das Kerosin nicht einmal für die Menge Pasagierjets auftreiben können die wir heute Weltweit in der Luft haben. Auch Flughäfen die heute Gewinn machen, werden den Griechischen Staat in Zukunft Geld kosten. Wenn die Fraport AG glaubt, sie könne angesichts der ungewissen Zukunft unserer Energieversorgung 40 Jahre in die Zukunft blicken, dann würde ich an Stelle der griechischen Regierung diesen Vertrag unterschreiben und diese Verlusste mit gutem Gewissen der Fraport AG (und dem deutschen Steuerzahler) überlassen.

Donnerstag, 23. Juli 2015

Jugend, Prekarität und der Weg in den Generationenkonflikt

In der Süddeutschen Zeitung hat der Baywa Vorstand Klaus Josef Lutz ein Interview gegeben, dass klar macht, wie die neoliberalen Eliten sich eine gefügsame Jugend vorstellen. Eine Jugend die nicht aufmuckt und sich freiwillig der Diskriminierung, Entrechtung und Ausbeutung für alle Zeit hingibt.

Hier einige schöne Ausschnitte aus dem Interview:

"Offensichtlich gibt es heute viele 20- bis 30-Jährige, denen es vor allem auf Freude und Selbstverwirklichung ankommt, die nichts von Hierarchien und stattdessen eine gewisse Lebensqualität für garantiert halten", klagt Lutz.

Zum Problem wird das, wenn diese Menschen in Unternehmen arbeiten, die sich international bewähren müssen. Denn dann stünde die GenY "plötzlich im Konkurrenzkampf mit hochausgebildeten jungen Menschen aus Asien, Afrika und Osteuropa". Diese fragten nicht zuerst nach Selbstverwirklichung und Dienstwagen, sagt Lutz.

Weiter sagte er: "Unseren jungen Leuten müssen wir klarmachen, dass sie an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen müssen. Ich fürchte, ihnen könnte die eigene Selbstzufriedenheit noch auf die Füße fallen."

(Quelle: Huffington Post)

Der Umstand, dass dieses System und seine Versprechungen für junge Menschen immer weniger Sinn ergibt, ist für Herrn Lutz allein der Jugend zuzuschreiben. Immer mehr Altlasten dieses zerstörerischen Systems werden währenddessen von den (tatsächlich) selbstzufriedenen Gewinnern der Ausbeutung den zukünftigen Generationen aufgebürdet. 

Die Jugend soll in diesem System, dass ihm die Zukunft genommen hat, vor allem funktionstüchtiges Menschenmaterial darstellen, dass sich gefälligst den Zwängen des Profits anzupassen hat. Ich habe in früheren Posts geschrieben, dass der Kampf um eine Zukunft auch ein Generationenkonflikt ist. Lutz und die anderen selbstzufriedenen, reichen, weissen, alten Männer, halten Krampfhaft das Steuer auf der Fahrt in den Abgrund fest. Ihre Rethorik ist dabei diskriminierend, nationalistisch und autoritär. 

Die massenhafte Jugendarbeitslosigkeit in Europa und das Ausspielen der Nationen untereinander ist das Druckmittel um die Jugend in die freiwillige Unterwerfung zu drängen. An den Gewinnen werden sie schon lange nicht mehr beteiligt.

Dieses System funktionierte bisher gut. Seine Auswirkungen hat Pierre Bourdieu, der momentan einflussreichste Sozialforscher des 20Jh., schon 1997 beschrieben. (Pierre Bourdieu (1997): Prekarität ist überall).

Zitat: "Die  von  der  Prekarität bewirkten Dispositionen  der  Unterwerfung  bilden  die  Voraussetzung  für  eine immer  erfolgreichere  Ausbeutung,  die  auf  einer  Spaltung  zwischen einerseits der immer größer werdenden Gruppe derer, die nicht arbeiten, und  andererseits,  die  immer  mehr  arbeiten,  fußt.  Bei  dem,  was  man ständig  als  ein  von  den  unwandelbaren  »Naturgesetzen«  des Gesellschaftlichen regierten Wirtschaftssystemen hinstellt, scheint es sich meines Erachtens in Wirklichkeit vielmehr um eine politische Ordnung zu handeln, die nur mittels der aktiven oder passiven Komplizenschaft der  im  eigentlichen  Sinne  politischen  Mächte  errichtet  werden  kann. [...]

Damit das Wirtschaftssystem funktionieren kann, müssen  die Arbeitnehmer ihre eigenen Produktions-   und Reproduktionsbedingungen,  aber  auch  die  Bedingungen  für  das funktionieren des Wirtschaftssystems selbst einbringen, angefangen bei ihrem  Glauben  an  das  Unternehmen,  an  die  Arbeit,  an  die Notwendigkeit  der  Arbeit  usw.  All  diese  Dinge  klammern  die orthodoxen Ökonomen a priori aus ihren abstrakten und verstümmelten Berechnungen  aus  und  überlassen  so  die  Verantwortung  für  die Produktion und Reproduktion all der verborgenen ökonomischen und sozialen Voraussetzungen für das Funktionieren der Wirtschaft, wie sie sie kennen, stillschweigend den Individuen oder paradoxer Weise dem Staat, dessen Zerstörung sie im übrigen predigen."

Was aber passiert, wenn die Jugend nichts mehr zu verlieren hat, und die Angst vor der Prekarität ihre Wirkung verliert? Immer mehr junge Menschen spüren, dass der Zusammenbruch dieses Systems bevorsteht. Das Schreckgespenst der Globalisierung zieht nicht mehr so gut wie früher, wenn der nächste Schritt eine Angleichung an die Arbeitsbedingungen in Bangla Desch ist. Es gelingt daher in Griechenland oder Spanien nicht mehr, das Aufbegehren zu unterbinden. Die einzige Antwort der Geldeliten darauf bisher, ist die direkte oder indirekte autoritäre Machtausübung. Das Beispiel Griechenland ist gewiss nicht das erste und wird nicht das letzte bleiben.

Dieses System zerstört nicht nur die Umwelt, das soziale Gefüge und die Demokratie, es nimmt sich auch das Mittel seiner eigenen hegemonialen Dominanz. Wenn auf der einen Seite die Angst vor der Prekarität angesichts der Auswegslosigkeit nicht mehr zieht und auf der anderen Seite die Zurückhaltung gegenüber der autoritären Machtausübung schwindet, dann droht der gewaltsame Konflikt und die Radikalisierung.

Diese wenigen, harmlos erscheinenden Sätze von Herrn Lutz weisen daher den Weg in einen gewaltsamen Konflikt der Generationen um die Zukunft.

Freitag, 10. Juli 2015

Medienfrust

Ein der wenigen guten Nachrichten der letzten Tage war, dass die Nachdenkseiten ihre Leserzahl im Juni verdoppelt haben. Offensichtlich betrifft der Frust über die Berichterstattung über Griechenland in den Medien nicht nur mich. Ich will überhaupt nicht im einzelnen auf die vielen Beispiele von schlechtem Journalismus und offensichtlicher Hofberichterstattung eingehen, es waren zu viele.

Das Öffentlich Rechtliche beispielsweise, sah sich in den zahlreichen Sondersendungen nicht dazu aufgerufen zu erklären über was die beiden Verhandlungsseiten eigentlich verhandeln, die griechische Seite zu Wort kommen zu lassen oder tatsächlich zu belegen wer jetzt wem, wie "entgegenkommt".

Die letzten Wochen  haben mir den letzten Rest Respekt in diese Institutionen genommen. Ausfälle wie in diesem Video unten konnte man fast begrüßen, diese unverholene und polemische Parteilichkeit muss wirklich dem letzten klar gemacht haben was von diesen Medien zu halten ist:



Die Frage ist, was bedeutet das? Falls diese Krise des Kapitalismus sein Ende einläutet, was ich für erwiesen ansehe, dann sehen wir heute wie ein mögliches Folgesystem in Stellung geht. Das vom Volk finanzierte Fernsehen macht sich gerade zum Sprachrohr eines neuen autoritären Systems. Der Name den ich für dieses System vor kurzem bei Gerald Celente aufschnappte ist "Bankism".

Bankism gibt jeglichen Anschein an demokratischer Legitimation auf und bereitet uns darauf vor die Macht der Banker anzuerkennen. TTIP, TISA usw. sind die Geschütze die in Stellung gebracht werden und die Parlamente geben ihr letztes bischen politische Handlungsmacht freiwillig an die Technokraten der Banken und Konzerne ab.

Das Volk soll hier wie dort sich dem Diktat der Banken ergeben und seine Kehle weiterhin den Blutsaugern anbieten während die Kommentatoren dazu applaudieren. Ein Land nach dem anderen wird in die Schuldenknechtschafft gezwungen und das Staatseigentum verramscht. Wehe wenn ein Volk seine Stimme dagegen erhebt, dann kommt die Stunde des Kampagnenjournalisten und der Schreib- und Sprechhuren des öffentlich rechtlichen Journalismus.

Der Staat und das Volk haben in der Darstellung dieser "unparteiischen" Medien der Erwirtschaftung der Zinsgewinne zu dienen. Die Welt wird zu diesem Zweck aufgeteilt in Nützliche und Nutzlose und die Nutzlosen sollen im Mittelmeer ertrinken, aus Abschiebe-KZs dank neuer rassistischer Gesetze zwangsdeportiert werden oder in den abgewirtschafteten Krankenhäusern verrecken.

Hallo liebe Journalisten der ARD und des ZDF. Es ist für mich unerträglich zu sehen, wie ein Verfassungsorgan einer autoritären Elite wieder nach dem Mund redet und dabei der unverhohlene Rassismus und Klassismus in jedem Wort mitschwingt.

Ich kann nicht glauben, dass wirklich jeder ARD und ZDF Redakteur von der einfältigen Blödheit eines Sven Lorig ist oder jeglichen Anspruch seines Berufsstandes mit Füßen tritt wie Rolf-Dieter Krause. 

Will das deutsche öffentlich rechtliche Fernsehen tatsächlich das Sprachrohr einer Diktatur der Wucherer sein?

Nachtrag;
Siehe dazu auch: Misik im Standard, Die deutsche Ideologie, Überwachen und Strafen