Mittwoch, 19. Juni 2013

Der Dollar, der Krieg und das Öl


Wieso können eigentlich die USA astronomische Schulden anhäufen um ihren Militärapparat zu finanzieren, ohne die Konsequenzen (wie Griechenland) tragen zu müssen?

Wieso sind die Staatsanleihen der USA so niedrig verzinst obwohl das Ausfallrisiko angesichts der gigantischen Ausgaben für sinnlose Kriege doch groß sein müsste?

Wieso (und hier wird es völlig verrückt) können sie beliebig Geld Drucken um ihre eigenen Anleihen zu kaufen und ihr Militär zu bezahlen?

Die Antwort ist eigentlich nicht schwer. Der Dollar dient als internationale Leitwährung. Seit Bretton Woods findet der internationale Handel maßgeblich in Dollar statt und die Zentralbanken im Rest der Welt sind dadurch gezwungen Reserven in Dollar zu halten.

Die Zentralbanken der Nationen haben ihre Dollarreserven natürlich nicht in grünen Scheinen im Tresor, sondern wollen Sie anlegen. Da sie den Dollar als Reserve benötigen ist ein Umtausch in andere Währungen (also Verkauf) ihren Interessen abträglich. Andere Länder müssen deshalb den USA ihren eigenen Dollar leihen (also US-Bonds kaufen ) um ihre Dollarreserven sicher anzulegen ohne sie in eine andere Währung tauschen zu müssen.

Vor allem im Handel auf den Rohstoffbörsen und insbesondere von Erdöl haben die USA entscheidende Vorteile. Dies wird von den USA schamlos ausgenutzt um z.B. ihren überzogenen Militärapparat und Ölverbrauch auf Pump zu finanzieren.

Das alles geht gut solange die USA die Möglichkeit haben die Welt wirtschaftlich (wiederum durch Schulden) und durch Waffengewalt zu erpressen, den Dollar als Leitwährung weiterhin zu akzeptieren.

Hier mussten Sie in den letzten Jahren einige Rückschläge hinnehmen. Russland und China haben sich z.B. schon länger darauf verständigt in ihren Handelsbeziehungen die eigenen Währungen zu nutzen. Ein Angriff auf die USA der schärfer schießt als jede Waffe. Offenbar sind also weder Russland noch China bereit sich unbegrenzt weiter erpressen zu lassen.

Der Iran, um dessen Ölvorkommen der Stellvertreterkrieg der Großmächte in Syrien geführt wird, liegt genau zwischen den Einflussgebieten dieser drei Mächte, er kann sich in Ruhe aussuchen wem er sein Öl in welcher Währung verkauft. (Siehe hier) Die zweitgrößten verbleibenden Vorräte der Welt befinden sich in Venezuela, das schon lange lieber keine Dollars  für sein Öl will.

Die einstige Gefahr, dass der Euro den Dollar als Leitwährung ablösen könnte, ist durch den erfolgreichen Währungskrieg gegen Europa gebannt (da die treuen Vasallen in London kräftig mitgeholfen haben).


Noch kann die USA also Geld drucken um damit Öl zu kaufen oder Deutsche Exportgüter. Man könnte auch sagen, wir finanzieren die amerikanischen Kriege auf Pump und hoffen dann gnädig etwas vom eroberten Öl abzubekommen? Was passiert aber wenn die Fördermenge sinkt? Wie wird das das internationale Währungssystem beeinflussen?


Das internationale Währungssystem ist inzwischen so vollkommen verrückt, dass es schon längst nicht mehr funktionieren sollte. Durch einen Rückgang der Fördermengen könnte dieses System zusammenbrechen meint der Hedge fond Manager Erik Townsend. Sein Resümee:

The current incarnation of the International Monetary System, in which the USA enjoys the exorbitant privilege of borrowing practically for free, and is therefore able to pursue reckless fiscal policy with immunity from the adverse consequences that non-reserve currency issuing nations would experience by doing so, cannot continue indefinitely. Therefore, it will not continue indefinitely.

How and when it will end is hard to say, especially considering the fact that it’s already persisted for 42 years after it stopped making sense. The system will continue to operate until some catalyst or trigger event brings about catastrophic change.

The next Peak Cheap Oil price spike is not the only possible catalyst to bring about a U.S. bond and currency crisis, but it’s the most likely candidate I’m aware of. I don’t believe that U.S. energy independence is possible, but if it were, the end of oil imports from the Middle East would also be the catalyst to end exorbitant privilege and bring about a U.S.bond and currency crisis.
To summarize, the music hasn’t stopped quite yet, but when it does, this will end very, very badly. I’m pretty sure we’re on the last song, but I don’t know how long it has left to play.

Bisher sehen wir die Auswirkungen der seit 2006 stattfindenden Stagnation der Rohölförderung. Sie führte zu mehr Kriegen als jemals in unserer Geschichte geführt wurden und war ein entscheidender Auslöser der größten globalen Wirtschaftskrise aller Zeiten. Um wie viel gravierender die Auswirkungen sein werden wenn die Förderung drastisch zurück geht kann man dadurch erahnen.

Der Kollaps des auf Öl beruhenden Wachstumskapitalismus könnte möglicherweise mit dem Zusammenbrechen des internationalen Währungssystems beginnen. Volkswirtschaften werden dadurch wie Kartenhäuser zusammenbrechen, nicht zuletzt unsere.

Egal wie man zu diesen Ausführungen steht, die Zusammenhänge zwischen Öl, Finanzmärkten, Außenpolitik und Kriegen sind nicht zu übersehen. Man muss schon sehr gut wegschauen um globale Ökonomie und Politik ohne den Faktor Erdöl zu erklären.

Wer Öl hat, der wird es in Zukunft vielleicht nicht mehr wie bisher für grüne Scheine abgeben wollen. Öl wird die Währung sein die zählt, nicht der Dollar. Mit Öl werden Kriege geführt um genug Öl für weitere Kriege zu haben.

Wie auch immer man es dreht, das überleben von Volkswirtschaften weltweit wird dann davon abhängen wie sehr sie auf Ölimporte angewiesen sind oder ihre Interessen durchsetzen können.

Sie werden also entweder mit (der Androhung von) Gewalt ihre Versorgung sichern oder sich durch eine Anpassung ihres Wirtschaftssystems davon unabhängig machen müssen.

Am Ende werden natürlich alle in der gleichen Misere stecken. Einige werden früher ohne Öl auskommen müssen, Andere später. Wir können nur hoffen, dass das Öl schnell genug verbraucht wird, dass ein Einsatz der auf Öl basierenden Kriegsmaschine schnell unmöglich wird. Wir müssen auch hoffen, dass die Atomstaaten nicht zum letzten Mittel greifen um sich die letzten Ressourcen zu sichern.

Eine sichere Prognose kann ich aber heute schon machen. Wer am schnellsten gelernt hat weitestgehend ohne Öl zu funktionieren der wird in der wie auch immer gearteten Zukunft zuerst angekommen sein. Am besten wir fangen damit schon heute an.

Dienstag, 18. Juni 2013

Die Nachhaltigkeit (in) der Sprache

Wieder schreibt Ferdinand Knauß in der WiWo (beinahe) den Artikel den ich gerade schreiben wollte. Der Mann entwickelt sich zu einem meiner Lieblingsjournalisten.
"Die Grüne Illusion: Das Versprechen eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums ist eine Lüge, wenn man beide Begriffe ernst nimmt. Letztlich müssen wir uns entscheiden, wie viel Wachstum wir noch wollen."
Was die Entscheidungsfreiheit über zukünftiges Wachstum angeht liegt Knauß natürlich daneben, in seinem Artikel beschreibt er aber was ich schon länger beobachte.

Nachhaltigkeit als Wort wird fürchterlich verunglimpft. Um seine Bedeutung und Interpretation wird politisch gerungen. Inzwischen ist der ursprüngliche Wortsinn wie er in der Forstwirtschaft geprägt wurde kaum noch zu finden.
"Nachhaltigkeit ist ein forstwirtschaftliches Prinzip, nach dem nicht mehr Holz gefällt werden darf, als jeweils nachwachsen kann."(Wikipedia)
Diese Definition lässt keinen Spielraum zu. Hier existiert kein "Dreiklang ökonomischer, ökologischer und sozialer Interessen" wie er im "Drei Säulen Modell" der "Bundlandt Komission" beschrieben wird. 

Auch wenn der Forstbesitzer seinen Waldbestand deshalb rodet, weil sonst er und seine Familie hungern müssen, ist der Wald weg und wird lange Zeit nicht Nachwachsen.

Wenn wir mehr verbrauchen als nachwächst dann ist das nicht nachhaltig. Jeder der einen anderen Wortsinn in die Nachhaltigkeit interpretieren will hat ein propagandistisches Interesse. Wer es schafft seine Interessen durch einfaches Umdeuten des Begriffes nachträglich als Nachhaltig zu definieren, hat das Ringen um die Deutungshoheit gewonnen.

Ferdinand Knauß schreibt besser als ich, ich will ihn deshalb nochmal zitieren:
"[...] diesen Spielraum erweitern und nutzen seither professionelle Nebelwerfer in Unternehmen, Parteien und unzähligen Interessengruppen ausgiebig. Natürlich verändert sich die Bedeutung jedes Begriffs mit der Zeit. Aber die der Nachhaltigkeit wird bewusst entkernt. Der Begriff wurde so lange durch den Wolf der PR-Abteilungen gedreht und mit dem Adjektiv „grün“ verwurstet, dass kaum etwas vom ursprünglichen Sinn erkennbar bleibt – außer dem diffusen positiven Gefühl, das man dabei hat."

Jeder der eine andere Deutung der Nachhaltigkeit verbreitet macht sich also zum Vertreter dieser Interessen, egal ob er will oder nicht und wie gut seine Absichten sind. Die Grünen sind wirklich gut darin Nachhaltigkeit in ihr Programm zu schreiben aber dann die Bedeutung der Nachhaltigkeit umzudefinieren.

Ob das besser oder schlechter ist, als die Problem einfach zu verleugnen (wie es Union, FDP und SPD tun) weiss ich nicht. Sicher ist, dass die Linke als einzige Partei die Unvereinbarkeit von Nachhaltigkeit und Kapitalismus offen anspricht.

Eine Passage aus Ferdinand Knauß Artikel muss ich ihm allerdings ausbessern:
"Auch wer weniger Öl, Gas, Kohle, Erz oder was auch immer verbraucht, konsumiert endliche Naturressourcen. Er wirtschaftet dadurch vielleicht effizienter als seine Vorgänger, aber nicht wirklich nachhaltig. Irgendwann sind nicht nachwachsende Ressourcen aufgebraucht. Eines Tages wird auch durch Fracking kein Gas oder Öl mehr aus den Tiefen zu pressen sein. Dann ist eine absolute Grenze des Wachstums erreicht – egal ob man es zuvor „grün“ oder „nachhaltig“ nannte"

Wenn es um Wachstumsgrenzen geht ist die Verwirrung ebenso groß wie bei der Wortbedeutung der Nachhaltigkeit. Die Textpassage vermittelt, dass die Grenzen irgendwann in ferner Zukunft erreict werden. Wachstum ist dynamisch und die Grenzen des Wachstums sind bestimmt durch den Ressourcenfluß.

Die Grenzen des Wachstrums sind deshalb nicht erst erreicht wenn endliche Ressourcen nicht mehr verfügbar sind. Wie wir an Schiefergas, Teersanden oder Methanhydrat sehen können, existieren nicht ausgebeutete Kohlenwasserstoffe als Energieressourcen in großen Mengen auf unserer Erde.

Sicher ist, dass ihre Ausbeutung niemals Nachhaltig ist. Ob die Ausbeutung von Energieressourcen unser Wachstum antreiben kann hängt von anderen Faktoren ab: 
  •  Wieviel Energie müssen wir aufwenden um die Ressource auszubeuten und mit den Folgen der Ausbeutung (Umweltzerstörung) fertig zu werden? Gibt es also einen Nettoenergiegewinn?
  • Wenn es denn ein Nettogewinn ist, ist die Frage wie schnell wir diese Ressource fördern können, denn unser Wachstum verlangt auch eine wachsende Fördermenge.
Mit dem Rückgang der Rohölförderung haben wir deshalb die Grenze weiteren Wachstums heute schon erreicht.Wir können die Förderung im Moment auf gleichbleibendem Niveau halten, aber ein Wachstum wird sie nicht mehr unterstützen. Da die wichtigste Ressource heute schon hinter der Nachfrage zurückbleibt und das Wachstum stagniert, erleben wir weltweit, wie sich das auf Wachstum ausgerichtete System destabilisiert.

Wir sind also noch weit weg von echter Nachhaltigkeit aber haben sogar die Grenzen der nicht nachhaltigen Produktion überschritten. Wo die Politik eine kleine Delle der Konjunktur sieht lauert ein Abgrund der unsere gesamte gesellschaftliche Ordnung verschlingen kann.

Freitag, 14. Juni 2013

Der Bundestag dokumentiert sein Scheitern


In der Wirtschaftswoche bin ich auf diesen Kommentar zum Ende der Enquete Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" gestossen. Er beschreibt das Debakel weit besser als ich es könnte:

 "Die Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" des Bundestages präsentiert ein Trauerspiel der intellektuellen Bedürftigkeit. Vor allem Union und FDP haben zu der vielleicht wichtigsten Frage der Zeit absolut nichts zu sagen." >> weiterlesen

Vor allem der Ausdruck "intellektuelle Bedürftigkeit" gefällt. Zumindest erhält man durch den Abschlußbericht (und die Debatte vom 6.6.2013) einen guten Einblick in die Köpfe unserer gewählten Volksvertreter.




Homer's Brain
Ein Bild das nix mit dem Text zu tun hat.